Personen und Themen mit I
Die Gründungsgeschichte des I. reicht bis in die frühen fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts zurück, als sich einige Hamburger Bürger engagierten, um die geretteten reichen Archivbestände der jüdischen Gemeinden (→ Archiv [1]) im Hamburger Raum wissenschaftlich auszuwerten.
Nach mehreren Anläufen wurde das I. unter der Leitung von Heinz Mosche Graupe (1906-1997) schließlich 1966 eröffnet und widmete sich damit als erste Forschungseinrichtung in der Bundesrepublik ausschließlich der deutsch-jüdischen Geschichte von der → Frühen Neuzeit [2] bis in die Gegenwart. Als Stiftung bürgerlichen Rechts wird das I. von der Freien und Hansestadt Hamburg getragen, Organe der Stiftung sind der Vorstand und ein Kuratorium. Als Direktoren waren Peter Freimark (bis 1992) und Monika Richarz (bis 2001) tätig. Zu den Aufgaben des I. zählen die Erforschung der Geschichte der deutschen Juden, die Heranbildung wissenschaftlichen Nachwuchses auf diesem Gebiet und die Publikation von eigenen und fremden Forschungsergebnissen. Die Bibliothek des I., die im Jahre 2006 über mehr als 40.000 Bände verfügt, ist die bedeutendste historische Spezialbibliothek im gesamten norddeutschen Raum und eine der größten Präsenz- und Forschungsbibliotheken zur jüdisch-deutschen Geschichte in Europa. In den ersten 25 Jahren des Bestehens konzentrierte sich die Arbeit vor allem auf die Dokumentation und historische Bearbeitung der Geschichte der Hamburger Juden, in den letzten Jahren ist zudem eine Ausweitung auf die allgemeine deutsch-jüdische Geschichte sowie eine weitere internationale Vernetzung des I. zu vermerken.
geb. 14.12.1807 Hamburg, gest. 19.8.1888 Hamburg
Die Familie Isler stammte aus Halberstadt. I. besuchte zunächst die Knabenschule, die sein Vater Israel Abraham Meyer 1793 nach dessen Niederlassung in Hamburg eröffnet hatte. 1821 wechselte I. zur Gelehrtenschule des Johanneums, wo ihn die Philologen Friedrich Gottlieb Zimmermann und Franz Wolfgang Ullrich beeinflussten. Von 1824 bis 1827 war er Mitglied im Wissenschaftlichen Verein von 1817. Von 1825 bis 1827 absolvierte er das Akademische Gymnasium und schätzte besonders den Geschichtsunterricht von Karl Friedrich Hartmann. Stipendien ermöglichten ein Studium in Bonn (1827-29) und Berlin (1829/30). In Bonn wurde er geprägt von dem Historiker Barthold Georg Niebuhr, in Berlin besuchte er Abendgesellschaften bei Leopold Zunz und Isaak Markus Jost, die zu den Nestoren der neuen Wissenschaft des Judentums gehörten. Nach der Promotion mit einer Arbeit über Hesiod lehrte er an der väterlichen Schule. 1832 wurde er Registrator, 1851 Sekretär an der Stadtbibliothek. Von 1872 bis 1883 leitete er die Bibliothek, deren Geschichte von 1838 bis 1882 er in einer ausführlichen Monographie darstellte. 1839 hatte er Emma Meyer (1816-1886) aus Dessau geheiratet. Große Verdienste erwarb sich I. durch die Herausgabe der historischen und philologischen Vorträge Niebuhrs, die Auswahl von Briefen an Charles de Villers, den Schriftsteller und Vermittler zwischen französischer und deutscher Kultur, und die Edition der Schriften → Gabriel Riessers [3], für deren ersten Band er eine Biographie Riessers schrieb und eine Auswahl aus dessen Briefen besorgte. Erst 1961 erschienen I.s Jugenderinnerungen, ein lebendiges Zeugnis zur Geschichte der Hamburger Juden im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert wie zu seinem Bildungsgang.
Der IHF war eine der ersten modernen sozialen Frauenorganisationen in Hamburg. Einerseits stand der Verein ganz in der jüdischen Tradition der Wohlfahrt, andererseits arbeitete er nach modernen Methoden der Sozialarbeit.
Die Gründung des IHF 1893 ging von → Gustav Tuch [4] aus, der bis 1909 den Vorsitz innehatte. Ihm folgten → Sidonie Werner [5] (bis 1932), Gertrud Katzenstein (bis 1936) und Rebekka Zadik (bis 1938). Die Mitgliederzahlen lagen zunächst bei rund 180, um 1915 bei 1.000 und bei ca. 750 in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts. Der Verein setzte sich zum Ziel, »den sittlichen und geistigen Charakter der Judenheit zu heben und zu entwickeln«. Im Rahmen der innerjüdischen Identitätsdiskussion positionierte sich der IHF entschieden gegen assimilatorische Tendenzen.
Der IHF baute mehrere soziale Abteilungen auf. Neben traditionellen Einrichtungen wie Wohltätigkeitsbasaren, Unterstützungskassen und Krankenpflege wurden auch Projekte entwickelt, die vorbeugend gegen Armut und Krankheit wirken sollten. Hierzu zählten Angebote für gewerbliche Ausbildungen, die Einrichtung eines Jüdischen Gemeinschaftsheimes sowie Arbeitsnachweise. Zu dieser modernen Form der Sozialarbeit gehörten auch Kinderheime in Hamburg und Ferienhäuser in Bad Segeberg, die bedürftigen Kindern Unterkunft, Verpflegung und Ausbildungsmöglichkeiten gewährten. Zwei weitere Problemfelder beschäftigten den IHF intensiv: die Rechte der Frauen in der Gemeinde und der internationale Mädchenhandel. Auch in diesen Bereichen engagierte sich der IHF ausdrücklich als jüdischer Frauenverein.
Nach dem → Novemberpogrom [6] 1938 musste sich der IHF auflösen. Zuvor waren zwangsweise alle sozialen Einrichtungen und Besitzungen an nichtjüdische Institutionen übergeben worden.
Die F. wurde 1815 als Schule für arme jüdische Kinder gestiftet. Ihre wohlhabenden Gründer waren eng mit der jüdischen Reformbewegung verbunden, die durch eine umfassende Neugestaltung der innerjüdischen Belange eine Angleichung an die nichtjüdische Gesellschaft erreichen wollte.
Die Reformbestrebungen konzentrierten sich auf drei Bereiche: Umgestaltung des jüdischen Kultus, Reform des jüdischen Schul- und Erziehungswesens und Maßnahmen zur Berufsumschichtung. Diese Bemühungen setzten vor allem bei den mittellosen Teilen der jüdischen Bevölkerung an.
Der schulischen Ausbildung ihrer Kinder kam eine besondere Bedeutung zu: Je schlechter ihre Chancen für eine Schulausbildung waren, desto eher bestand die Gefahr, dass sie später einem Erwerb im Klein- und Hausierhandel nachgehen mussten, und damit einen traditionellen jüdischen Berufsweg wählen würden.
Die Schüler der F. sollten daher nach Möglichkeit auf einen Handwerksberuf vorbereitet werden. Im Religionsunterricht wurde auf den dogmatischen und zeremoniellen Teil der jüdischen Glaubenslehre verzichtet und stattdessen ethische Grundprinzipien der Religion vermittelt.
1817 bis 1848 wirkte → Eduard Kley [7] als Oberlehrer an der F. Sein Nachfolger wurde → Anton Rée [8], der die Schule von 1848 bis 1891 leitete. Seit 1859 nahm die Schule auch christliche Schüler auf und entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einer gemischt konfessionellen Schule. In den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts besuchten etwa 700 Schüler die Schule; sie war damit eine der größten Schulen in Hamburg (→ Schulwesen [9]). 1870 wurde die F. in »Israelitische Stiftungsschule von 1815« umbenannt. 1890 erhielt sie dann den Namen »Stiftungsschule von 1815«, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Zahl der christlichen Schüler höher war als die der jüdischen. 1920 wurde die Schule verstaatlicht. Bis zur Schließung 1933 trug sie dann den Namen »Dr. Anton Rée-Realschule«.
Der Schulunterricht hatte in den ersten Jahren in bescheidenen Räumlichkeiten in der → Neustadt [10] stattgefunden. 1830 erhielt die Schule ein eigenes Gebäude am Zeughausmarkt (41), das 1915 durch einen Neubau ersetzt wurde. Heute ist in dem Gebäude die Anna-Siemsen-Gewerbeschule untergebracht.
→ Salomon Heine [11] erbot sich 1839, die gesamte Summe für den Bau eines neuen Hospitals der jüdischen Gemeinde zu übernehmen. Der Bau des 80-Betten-Hauses erfolgte zwischen 1841 und 1843.
Das I. verstand sich als »Institut zur Aufnahme, Verpflegung und Heilung Israelitischer Kranker jedweden Alters und Geschlechts«, nahm aber gegen Bezahlung auch Kranke anderer Konfessionen auf. Seit 1864 verschlechterte sich die finanzielle Lage des Krankenhauses, weil die Gemeinde keine Zwangskorporation mehr war (→ DIG [12]). Eine großzügige Schenkung Carl Heines 1865 diente dazu, die Unterhaltungskosten zu decken. Die Gemeinde und das Krankenhaus vereinbarten, dass die Verwaltung des Krankenhauses nun einem Collegium (später: Kuratorium) übergeben wurde. 1866 und 1889 erhielt das I. durch Senatsbeschlüsse die eigene Rechtsfähigkeit. Während des Ersten Weltkriegs diente das Hausals Militärlazarett. Der Krieg und seine Nachwirkungen verursachten finanzielle Probleme. Trotzdem wurde das I. 1931 um eine neue chirurgische Abteilung in einem eigenen Haus erweitert. Obwohl das I. nach 1933 weiter existierte, waren die Schwierigkeiten dieser Jahre außerordentlich. Die Maßnahmen der Machthaber trugen dazu bei, die finanzielle Basis des I. zu untergraben. 1939 übernahm die Stadt die Gebäude des I. Als Ersatz dienten zwei Gebäude in der Johnsallee. Während des Krieges wurde der Bau in St. Pauli dann schwer beschädigt, aber das I. selbst bestand weiter in der Schäferkampsallee. Nach dem Krieg bemühten sich einige zurückgekehrte Mitglieder der Gemeinde um einen Wiederaufbau. 1946 ernannte der Bürgermeister ein neues Kuratorium. Das Gebäude in der Schäferkampsallee war jedoch völlig ungeeignet und eine Rückkehr in die Ruinen in St. Pauli unmöglich. Senat und Bürgerschaft stellten daher Geld und ein Grundstück am Orchideenstieg für einen Neubau zur Verfügung. Die Bauarbeiten wurden in zwei Abschnitten (1958-60 und 1960-61) verwirklicht. In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts verfügte das Krankenhaus über 219 Betten; gegenwärtig sind es 205.
Rabbiner, geb. 6.2.1881 Burgdorf (Hannover), gest. 17.7.1956 London
I., Sohn eines Lehrers, besuchte zunächst die jüdische Samson-Schule in Wolfenbüttel und absolvierte anschließend das Hildesheimer Gymnasium. 1899 nahm er seine Rabbinerausbildung am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau auf, wo er 1908 das Examen ablegte. Sein Universitätsstudium, das er zur selben Zeit begann, schloss er 1903 mit der Promotion (Erlangen) ab. Bereits im Jahr vor seiner Ordination wurde er als liberaler Rabbiner der Darmstädter jüdischen Gemeinde eingesetzt, die er zunächst bis 1914 betreute. Während des Ersten Weltkriegs als Feldrabbiner der 7. Armee in Frankreich zugeteilt, setzte er 1918 seine Wirksamkeit in Darmstadt fort. Über seine geistlichen Funktionen hinaus machte sich I. auch als Gelehrter einen Namen. Neben zahlreichen Aufsätzen zur Wissenschaft des Judentums publizierte er eine Faksimile-Edition der Darmstädter Pessach-Haggada, die er durch eine Monographie zur Geschichte der illuminierten Haggadot (1927) ergänzte. I., der sich als deutsch-jüdischer Patriot verstand, betrachtete die wachsende Judenfeindschaft unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs mit Sorge (→ Antisemitismus [13]). Seine 1920 publizierte und mehrfach aufgelegte Broschüre Waffen im Abwehrkampf hob darauf ab, den deutschen Juden Argumentationshilfen gegen antisemitische Anfeindungen an die Hand zu geben. I. verließ Darmstadt 1928, als er einem Ruf des Israelitischen → Tempelverbands [14] nach Hamburg folgte. An der Reformsynagoge erwarb er sich große Verdienste, weil er das wachsende Bedürfnis der Mitglieder nach Selbstvergewisserung aufgriff und den Tempel durch religiöse und kulturelle Veranstaltungsangebote zu neuer Blüte führte, bis dieser nach dem → Novemberpogrom [6] geschlossen wurde. 1939 floh I. gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern über Brüssel nach London (→ Emigration [15]), wo er zunächst im East End und von 1943 bis zu seiner Pensionierung 1951 als Assistant Minister an der West London Synagogue of British Jews fungierte. 1956 erlag I. nach einem Sturz seinen Verletzungen.
Verweise:
[1] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/archiv-der-j%C3%BCdischen-gemeinde
[2] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/fr%C3%BChe-neuzeit
[3] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/riesser-gabriel
[4] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/tuch-gustav
[5] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/werner-sidonie
[6] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/novemberpogrom
[7] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/kley-eduard-israel
[8] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/r%C3%A9e-anton
[9] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/schul-und-erziehungswesen
[10] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/neustadt
[11] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/heine-salomon
[12] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/deutsch-israelitische-gemeinde-dig
[13] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/antisemitismus
[14] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/tempel-neuer-israelitischer-nit
[15] http://www.dasjuedischehamburg.de/inhalt/emigration