Amulettenstreit

Amulettenstreit

Der Privatgelehrte Jakob Emden, Sohn des Altonaer Oberrabbiners Zwi Aschkenasi, bezichtigte im Februar 1751 den neuen Oberrabbiner Jonathan Eibeschütz der Ketzerei.

Zum Beweis führte er ein angebliches Manuskript Eibeschütz’ aus dessen Prager Jugendzeit an sowie die Beschriftung einiger Amulette, die Wöchnerinnen nach jüdischem Volksbrauch von ihm erbeten hatten. Emden behauptete, die Texte wiesen Eibeschütz als geheimen Anhänger des Pseudomessias Sabbatai Zwi aus. Emden verfiel zwar als Folge seiner Anklage dem Bann der Dreigemeinde, fand jedoch Unterstützung bei auswärtigen Rabbinern insbesondere in Deutschland, während sein Kontrahent das polnische Rabbinat zu mobilisieren wusste. Aufgrund von Gutachten christlicher Hebraisten fällten die für Altona zuständigen dänischen Gerichte am 6. November 1752 das Urteil, eine Anklage Eibeschütz’ sei anhand der Indizien nicht zu rechtfertigen. Ähnlich entschied im Folgejahr die Vierländersynode der polnischen Juden, woraufhin die Rabbiner der Emden-Partei einen Schlichtungsaufruf erließen. Diese Affäre zum Vorwand nehmend, kündigte der Hamburger Senat jedoch im August 1753 den Altonaer Rabbinatsverband (Rabbinat) auf, der erst nach dreijährigen jüdischen wie dänischen Protesten wiederhergestellt wurde. Die Geschichtsschreibung hat die Anklage gegen Eibeschütz meist als Verleumdung eines Neiders behandelt, einzelne Historiker wie Heinrich Graetz oder Gershom Scholem haben ihr aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit zuerkannt.

Carsten Wilke