Vaterländischer Bund jüdischer Frontsoldaten

Am 17. November 1919 gründete sich in Hamburg eine Ortsgruppe des V. Man folgte damit einem reichsweit ergangenen Gründungsaufruf, der 1920 zum Zusammenschluss der inzwischen entstandenen Ortsvereine zum Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (RjF) führte.

Die Gründung war innerjüdisch umstritten, weil sie der Trennung zwischen Juden und Nichtjuden Vorschub leistete. Der V. trat der Behauptung, die jüdische Minderheit habe in nicht genügender Weise für die Verteidigung des Vaterlandes Opfer gebracht, mit genauem Zahlenmaterial über den Anteil der Juden am Kriege entgegen. Im Leben der Deutsch-Israelitischen Gemeinde war der Vaterländische Bund stets präsent. Die alljährlichen Gedenkfeiern mit nichtjüdischen Traditionsverbänden und prominenten Vertretern des Hamburger und Altonaer öffentlichen Lebens, die bereits 1922 verwirklichte Errichtung eines Ehrenfriedhofs für die jüdischen Gefallenen auf dem jüdischen Friedhof Ilandkoppel (Ohlsdorf) und die Herausgabe einer programmatischen Zeitschrift waren Teil einer gezielten Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. Langjähriger Vorsitzender des V. in Hamburg war Rechtsanwalt Siegfried Urias (1895-1953). Dieser wies nach, dass 457 Hamburger Juden im Weltkrieg gefallen waren und dass damit die Zahl der Gefallenen im Verhältnis zu der Zahl der zum Kriegsdienst Eingezogenen in Hamburg erheblich höher war als die für die deutsche Gesamtbevölkerung. Im Februar 1933 überreichte der Bund das Gefallenengedenkbuch des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten mit einer gesonderten Liste der Hamburger jüdischen Gefallenen in einer feierlichen Gedenkstunde dem Hamburger Senat.

In den Jahren 1933 und 1934 organisierte der V. zahlreiche öffentliche Kundgebungen, auf denen man sich dezidiert gegen Auswanderung aussprach. Damit traten die ideologischen Differenzen zum Zionismus offen zutage. Nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht im Mai 1935, die Juden ausschloss, und nach dem Erlass der so genannten Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 rückte der Bund jedoch von seiner strikten Ablehnung der Emigration ab und sprach sich seit 1936 für diese aus. Im Oktober 1936 wurde der RjF durch Heinrich Himmler mit der Betreuung der jüdischen Kriegsopfer »beauftragt« und zugleich in allen anderen Tätigkeiten eingeschränkt. Nach dem Novemberpogrom 1938 stellten der RjF und seine Ortsvereine jede Tätigkeit ein. 1939 wurden die Mitglieder in die von der Gestapo kontrollierte Reichsvereinigung der Juden in Deutschland eingegliedert.

Ina Lorenz