Talmud Tora Schule (TTR)

Die 1805 in der Elbstraße 122 (40) gegründete Hamburger T. war die erste jüdische Schule in Deutschland, die streng traditionelles Judentum mit moderner Bildung verband.

Die Schule beschränkte sich zunächst auf die traditionellen jüdischen Disziplinen, vor allem Bibellesen in hebräischer Sprache. Die Kinder erhielten außer kostenlosem Unterricht geregelte Mahlzeiten und bei Bedarf Bekleidung. Von 1822 bis 1829 wurde die T. unter Leitung des Oberrabbiners Isaak Bernays durch die Einführung weltlicher Fächer, vor allem Deutsch, umfassend reformiert. 1870 wurde die T. als Höhere Bürgerschule anerkannt (später: Realschule). Alle Schichten der jüdischen Bevölkerung lernten hier gemeinsam; die Schule blieb jedoch den sozial Schwachen besonders verpflichtet ( Sozial- und Wohlfahrtswesen). 1889 wurde Joseph Goldschmidt der erste wissenschaftlich und pädagogisch ausgebildete Direktor, in dessen Amtszeit der Einzug in das neue Schulhaus (91) am Grindelhof (1911) einen Höhepunkt bildete ( Grindelviertel). Goldschmidts Nachfolger Joseph Carlebach führte in den zwanziger Jahren eine tiefgreifende Reform durch, die u. a. die Einführung moderner Unterrichtsfächer und -methoden beinhaltete. Carlebach legte besonderen Wert auf die Betonung des jüdischen Charakters der Schule. Sein Nachfolger Arthur Spier setzte die Reformen im Sinne Carlebachs fort. 1932 wurde die T. als prüfungsberechtigte Oberrealschule anerkannt. Seit 1933 wurden auch Mädchen in die Oberstufe aufgenommen sowie Kinder und Jugendliche auf die Emigration vorbereitet. 1939 wurde die jüdische Mädchenschule in der Karolinenstraße (89) geschlossen und mit der T. zusammengelegt ( Schulwesen). Sie musste sich jetzt Volks- und Höhere Schule für Juden nennen, später Jüdische Schule in Hamburg. 1939 musste das Schulgebäude geräumt werden, im Frühjahr 1942 auch das Schulhaus in der Karolinenstraße. Alberto Jonas, Direktor der Mädchenschule, gelang es mit seinem kleinen Kollegium bis zur endgültigen Schließung aller jüdischen Schulen in Deutschland am 30. Juni 1942, einen vergleichsweise »normalen« Schulalltag aufrechtzuerhalten. Hunderte von Schülern und zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer, darunter auch Jonas und seine Frau, wurden Opfer der Deportationen.

Ursula Randt