Sealtiel (auch: Shaltiel), David

Offizier und Diplomat, geb. 16.1.1903 Berlin, gest. 23.2.1969 Jerusalem

Der begabte Sohn des Hamburger Kaufmanns Benjamin Sealtiel und der aus Karlsruhe stammenden Helene Wormser fiel in seiner Jugend durch rebellisches und provozierendes Verhalten auf. Nach einer katastrophalen Schulzeit auf der Talmud Tora Schule versuchte er sich erfolglos in verschiedenen kaufmännischen Berufen in Hamburg, Bremen und Fürth sowie zwischen 1923 und 1925 als Orangenpflücker in Palästina. In Marseille trat er 1925 in die Fremdenlegion ein, der er bis 1931 angehörte. Nach 1933 arbeitete er kurze Zeit für den Hechaluz in Palästina, um dann 1934 in Frankreich tätig zu werden, hier vor allem als Europa-Beauftragter und Waffenkäufer für die zionistische militärische Untergrundorganisation Hagana. Im November 1936 wurde S. an der belgisch-deutschen Grenze verhaftet, bis 1939 in zahlreichen deutschen KZ (Fuhlsbüttel, Dachau etc.) inhaftiert, bevor er Ende 1939 nach Palästina abgeschoben wurde. Als aktives Mitglied des jüdischen Untergrunds von den Engländern zum Tode verurteilt, machte der später begnadigte S. eine steile Karriere in der Armee: Er war Kommandant von Haifa und auf Vorschlag von Ben Gurion Befehlshaber (Aluf) der Hagana im belagerten Jerusalem (1948). Trotz erfolgreicher Verteidigung musste er den Ostteil der Stadt aufgeben, was ihm bis heute von seinen israelischen Kritikern vorgehalten wird. Nach der Staatsgründung diente der sprachbegabte und überzeugte Zionist, ein Freund von Martin Buber und Gershom Scholem, seinem Land erfolgreich als Botschafter in Mexiko, Brasilien und Holland. In seinen letzten Lebensjahren kam er wiederholt nach Hamburg, um das Grab seiner Eltern zu besuchen.

Michael Studemund-Halévy