Wohlwill, Immanuel (auch: Wolf, Immanuel)

Lehrer und Schulleiter, geb. 28.8.1799 Harzgerode, gest. 2.3.1847 Seesen

Immanuel Wolf, der sich ab 1822 Wohlwill nannte, besuchte nach dem frühen Tod seiner Eltern die Freischule in Seesen. Nach Abschluss der Bürgerschule wechselte er 1815 auf das Gymnasium in Berlin-Kölln über, wo er 1818 das Abitur bestand. Er blieb in Berlin und studierte dort bis 1822 unter anderem bei Hegel. Seine Promotion zum Dr. phil. erreichte er an der Universität Kiel. Schon als Gymnasiast stieß W. 1816/17 zu einem Wissenschaftszirkel junger jüdischer Intellektueller, aus dem sich nach 1820 der Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden konstituierte, der das Judentum dem modernen Wissenschaftsverständnis öffnen sollte. In einem Vortrag vor dem Verein formulierte W. einen weiten Kulturbegriff für das Judentum, der die Wissenschaften wie die Lebensweise der Juden umfasste. Das Judentum begriff er sowohl als historische Größe wie auch als zeitgenössische Erscheinung, deren politische und kulturelle Substanz statistisch zu erfassen sei. 1823 ging W. als Lehrer an die Israelitische Freischule nach Hamburg. 1830 schloss er sich der Philalethen-Gruppe um den Kieler Anwalt Theodor Olshausen an, die für eine Religion über alle Religionsgrenzen hinweg eintrat. Trotz dieser interkonfessionellen Ambitionen blieb W. Mitglied des Neuen Israelitischen Tempelvereins, für dessen Gesangbuch er eine Reihe von Liedern verfasste. Seine akkulturativen Bestrebungen fanden Anerkennung im Hamburger Bürgertum. Als erster Jude wurde er 1834 in die Patriotische Gesellschaft als Ehrenmitglied aufgenommen. W. entwarf eine den Grundsätzen der Aufklärung verpflichtete Pädagogik, die er erst an seiner Schule in Hamburg erprobte und dann an der Jacobson-Schule in Seesen, die er von 1838 bis zu seinem Tod leitete, in die Praxis umsetzte. Aus seiner im Oktober 1831 geschlossenen Ehe mit Friederike Warburg gingen sechs Kinder hervor, von denen Anna und Adolph im kulturellen bzw. wissenschaftlichen Leben Hamburgs eine bedeutende Rolle spielen sollten.

Arno Herzig