Ehre, Ida

Ehre, Ida

Schauspielerin und Intendantin, geb. 9.7. 1900 Prerau (Mähren), gest. 16.2.1989 Hamburg

E., von 1945 bis 1989 Prinzipalin der Hamburger Kammerspiele, wurde 1988 als erster Frau in der Freien und Hansestadt die Ehrenbürgerwürde verliehen. Im selben Jahr zeichnete sie die Universität mit der Ehrendoktorwürde aus.

Die Tochter eines jüdischen Kantors hatte als 18-Jährige die Schauspielerprüfung an der k. u. k. Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien mit Auszeichnung bestanden. Nach erfolgreichen Engagements in der Provinz kam sie 1931 nach Berlin. Die Machtübernahme Hitlers 1933 setzte ihrer Karriere ein jähes Ende. Der Versuch, mit ihrem Mann, dem Arzt Bernhard Heyde und der gemeinsamen Tochter Ruth nach Chile auszuwandern, scheiterte am Ausbruch des Krieges. In der Hansestadt entging E. zweimal der Deportation. Ihre Mutter und ihre Schwester wurden im KZ ermordet.

E. war 45 Jahre alt, als sich in dem von ihr neu gegründeten Theater in der Hartungstraße nahe der Universität im Dezember 1945 zum erstenmal der Vorhang hob. Einflussreiche Förderer unterstützten die kleine Bühne mit den nur 500 Plätzen: der britische Theateroffizier John Olden und der Chief-Controller des Nordwestdeutschen Rundfunks Hugh Carleton Greene, wenig später der Verleger Ernst Rowohlt und der Dramaturg Günther Weisenborn.

Ab 1946 zeigte E. an ihrem Theater vor allem die Stücke von Autoren, die während der Nazizeit nicht gespielt werden durften: Jean Anouilh, Jean Giraudoux, Jean-Paul Sartre, Thornton Wilder, Franz Werfel. An ihrem Haus inszenierte und spielte die Crème de la crème der Nachkriegszeit: Gustaf Gründgens, Wolfgang Liebeneiner, Hilde Krahl, Grethe Weiser, Dieter Borsche, Lil Dagover, Michael Degen. Die Kammerspiele entwickelten sich zu einer der führenden deutschsprachigen Bühnen. Höhepunkt dieser bis in die fünfziger Jahre reichenden Glanzzeit bildete die Uraufführung von Wolfgang Borcherts Heimkehrerdrama Draußen vor der Tür im November 1947, inszeniert von Wolfgang Liebeneiner mit Hans Quest in der Hauptrolle. Geldmangel war verantwortlich dafür, dass das Privattheater dann seine führende Rolle an die Staats- und Stadttheater abgeben musste. E. aber glänzte bis ins hohe Alter in Rollen wie die der Hekuba in Euripides’ Die Troerinnen und vor allem als Mutter Courage in dem gleichnamigen Stück von Bert Brecht. Die »Mutter Courage des deutschen Theaters« war – nicht nur in Hamburg – zu einer Institution geworden. Mit Wiener Charme und hanseatischer Durchsetzungskraft kämpfte sie bis zuletzt für ihr Theater und für den Frieden auf der Welt.

Anna Brenken