Eschwege, Sally Joseph

Cigarrenarbeiter (1859)

Zigarrenhandwerker und Gewerkschaftsführer, geb. 9.10.1818 Hamburg, gest. 21.1.1901 Hamburg

Fast 40 Jahre führte E. den Hamburger Cigarren-Arbeiter-Verein. Schon der Vater Joseph Moses Eschwege stellte als selbständiger Handwerker Zigarren in Hamburg her; bei ihm ging E. in die Lehre. In diesem unzünftigen Beruf waren auffallend viele Juden tätig, die zumeist als arm galten. Ihre Selbsthilfe bestand in einer 1823 gegründeten Krankenkasse jüdischer Zigarrenarbeiter. E. gehörte dem überkonfessionellen Cigarren-Arbeiter-Verein in Hamburg seit dessen Gründung im September 1848 an. 1851 übernahm er den Vorsitz, nachdem die bisherigen Präsidenten wegen ihren Beteiligungen an von der Obrigkeit als revolutionär eingestuften Tagungen und Verbindungen den Verein in die Gefahr, amtlicherseits verboten zu werden, gebracht hatten ( Salomon Sternberg). Neben dem anfänglichen politischen Anspruch fungierte der Verein seit 1849 auch als Kranken- und Sterbekasse für seine 550 Mitglieder und betrieb eine als Produktiv-Assoziation bezeichnete Tabakmanufaktur. Es war E.s vorsichtigem Agieren zu verdanken, dass der Hamburger Zigarren-Arbeiter-Verein als einziger in Deutschland während der Reaktionszeit nicht verboten wurde. Im Gegenteil stieg die Mitgliederzahl bis 1859 auf über 800. Auch die Manufaktur des Vereins entwickelte sich erfolgreich; erst in der Wirtschaftskrise, als der Betrieb 250 arbeitslos gewordene Zigarrenmacher einstellte, kam 1860 der Zusammenbruch. Der Verein aber blieb mit langsam abnehmender Mitgliederzahl bestehen. Mit E. an der Spitze verweigerte er sich dem Einfluss der von Ferdinand Lassalle geführten politischen Arbeiterbewegung und hielt sich bis zu seiner Auflösung 1890 auf liberaldemokratischem Kurs. E. folgte 1859 seinem Vater als Mitglied in der jüdischen Gemeinde, erwarb zugleich das Bürgerrecht und gründete eine Familie. Seitdem war seine Berufsbezeichnung Zigarrenfabrikant.

Ulrich Bauche