Troplowitz, Oscar

Pharmazeut, Kunstsammler und Mäzen, geb. 18.1.1863 Gleiwitz, gest. 27.4.1918 Hamburg

Fragt man nach dem innovativsten jüdischen Unternehmer Hamburgs in der Zeit des Kaiserreiches, dann gebührt dieser Titel Oscar T., der das Unternehmen P. Beiersdorf & Co. binnen eines Vierteljahrhunderts von einem kleinen Laboratorium zu einem weltweit operierenden Unternehmen der pharmazeutisch-kosmetischen Industrie machte. Aufgewachsen in Schlesien, hatte der Apotheker T. nach dem Studium in Breslau und Heidelberg 1890 das kleine Laboratorium Dermatotherapeutischer Präparate des Altonaer Apothekers Paul Beiersdorf übernommen. Durch enge Zusammenarbeit mit führenden deutsch-jüdischen Naturwissenschaftlern – unter ihnen der Hamburger Dermatologe Paul Gerson Unna und der Berliner Chemiker Isaac Lifschütz – entwickelte T. eine breite Palette von Markenprodukten, die durch die Verbindung von wissenschaftlicher Innovation, rationeller Produktion und ausgeklügelter Werbung bestachen und seinem Unternehmen eine bis heute anhaltende Marktführerstellung verschafften. So erfand T. die Zahnpasta und brachte von 1890 bis 1914 Produkte wie Nivea, Leukoplast, Atrix und Labello auf den Markt. Die sozialen Einrichtungen der Firma – darunter ein kostenloser Mittagstisch, eine Kranken-Unterstützungskasse, eine Stillstube, eine Alters- und Hinterbliebenen-Stiftung sowie bezahlter Urlaub auch für Arbeiter – galten im Kaiserreich als vorbildlich. Von 1904 bis 1910 wirkte T. als Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft und war darüber hinaus kommunalpolitisch in der Baudeputation, der Oberschulbehörde und der Finanzdeputation tätig. In seinem letzten Lebensjahrzehnt betätigte sich T. als Kunstsammler und Mäzen, der in seinem großbürgerlichen Haus an der Fernsicht (Außenalster) zahlreiche Künstler empfing und unterstützte. Testamentarisch vermachte er der Hamburger Kunsthalle eine bedeutende Sammlung mit Gemälden französischer und deutscher Impressionisten.

Frank Bajohr