Neue Dammtor Synagoge

Die N. blieb die einzige Synagoge des gleichnamigen Vereins, zu dem sich Mitglieder der Deutsch-Israelitischen Gemeinde 1894 zusammenschlossen, um eine in den neuen Wohnvierteln Harvestehude/Rotherbaum dringend erforderliche Synagoge zu bauen.

1912 beantragte der Verein die Eintragung ins Vereinsregister, 1923 wurde er als selbständiger Kultusverband von der Gemeinde anerkannt. Die Synagoge entstand 1894/95 im neuislamischen Stil, vollständig verborgen hinter gründerzeitlichen Mehrfamilienhäusern am heutigen Allendeplatz nach einem Entwurf der Architekten Schlepps & Rzekonski. Farbige Ziegelmuster, Hufeisenbogen, Säulenkapitelle, die Farbigkeit des Innenraums und v. a. die Ornamentik der Ostwand erinnerten jedoch nur noch vage an islamische Vorbilder. Die Inneneinrichtung spiegelte den liberalisierten, aber nicht reformierten religiösen Ritus des Vereins: Die Bima war vor den Toraschrein verbannt, die Geschlechtertrennung wurde mit niedrig vergitterten Frauenemporen beibehalten, es gab eine Empore für einen vierstimmigen Chor ohne Orgel ( Synagogen). Vermutlich beeinflusste dieser unentschiedene Ritus die Wahl des Baustils, der zwar lange als Synagogenbaustil galt, doch nicht zu den dominierenden, ideologiebeladenen Stilen zählte. Er schien geeignet, Selbstbewusstsein zu demonstrieren, ohne die jüdische Tradition zu leugnen, in einer Zeit, in der die Mehrzahl jüdischer Gemeinden mit neugotischem und neuromanischem Kirchenbaustil Erinnerungen an einen Ursprung des Judentums im Orient zu vermeiden suchte. Während des Novemberpogroms 1938 wurde der Innenraum demoliert; mit privaten Mitteln wiederhergestellt, kamen bis zur Beschlagnahme im Juni 1943 aschkenasische Juden aller Richtungen zum Gottesdienst. Kurz darauf wurden Synagoge und Vorderhäuser während der Bombardements zerstört. Ein Gedenkstein auf einer kleinen Grünanlage unmittelbar neben dem Universitätsgebäude im ehemaligen »Pferdestall« erinnert an die N.

Saskia Rohde