Gruenwaldt, Louis

Politiker, geb. 24.8.1856 Daulen (Westpreußen), gest. 5.2.1931 Hamburg

Als sozialdemokratischer Politiker und erster jüdischer Senator in Hamburg hat G. eine spektakuläre Karriere gemacht, aber auch vier Jahrzehnte lang antisemitische Angriffe auf sich gezogen. Da die Eltern ohne gerichtliche Eintragung rabbinisch getraut waren, trug G. den Familiennamen seiner Mutter. Nach der Schule in Deutsch Eylau lernte er in Berlin das Tapeziererhandwerk und leistete Militärdienst. Schon vor seiner Übersiedlung nach Hamburg 1881 war er als Sozialist aufgefallen. In der Hansestadt heiratete er, machte sich selbständig und organisierte für sein Handwerk einen Gesellenverein und eine Krankenkasse. Aus diesen beiden lokalen Vereinen entwickelte G. in wenigen Jahren reichsweite gewerkschaftliche Organisationen. Die Zentralkrankenkasse leitete er von 1886 bis 1919. 1892 wurde G. zum Vorsitzenden des Sozialdemokratischen Vereins für den 1. Hamburger Wahlkreis gewählt. Von 1904 bis 1918 war G. Mitglied der hamburgischen Bürgerschaft und darin seit 1913 Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion. Er führte die Mehrheitssozialisten im Großhamburger Arbeiter- und Soldatenrat 1918/19 und trug wesentlich zu dessen Entscheidung für die parlamentarische Demokratie bei. Mit der Neuwahl der Bürgerschaft 1919 kam G. in den Senat und leitete das Ressort Gesundheit. Er setzte eine Neuordnung des vorher sehr verschachtelten Hamburger Medizinalwesens durch. Unter den Medizinern in den Standesorganisationen und in der Verwaltung gab es massive Gegnerschaft, die sich teilweise antisemitisch äußerte. Der Senat ehrte G. bei seinem Abschied 1928 mit der Otto-Stolten-Medaille und nach seinem Tod mit einer offiziellen Trauerfeier. Seine Urne ist auf dem jüdischen Friedhof in Ohlsdorf beigesetzt.

Ulrich Bauche