Kohen (auch: Cohen), Rafael ben Jekutiel Süsskind

Rabbiner, geb. 4.11.1722 Livland, gest. 11.11.1803 Altona

K. studierte an der Minsker Talmudhochschule, deren Leitung er seit 1743 innehatte. Zudem berief ihn die lokale jüdische Gemeinde 1745 als Oberrabbiner. In nachfolgenden Jahren verwaltete er Rabbinate in Litauen und Weißrussland. Von Posen, wo er seit 1771 amtierte, übersiedelte er 1776 nach Altona. Dort trat er die Nachfolge von Jonathan Eibeschütz als Oberrabbiner der Dreigemeinde Altona-Hamburg-Wandsbek an. K., der sich als talmudischer Gelehrter weit über die Gemeinde hinaus Anerkennung verschaffte und eine Anzahl von hebräischen Schriften zu Themen der jüdischen Tradition publizierte, trat zeitlebens für eine streng religiöse, kulturelle und soziale Segregation der Juden von ihrer christlichen Umwelt ein. Während die jüdische Aufklärung an Dynamik gewann und eine Transformation der traditionellen Gesellschaft anstrebte, galt K. als Symbolfigur des Widerstands gegen modernisierende Veränderungen. Ohne Kenntnisse der deutschen Sprache zu besitzen, suchte er auch die Verbreitung der von dem jüdischen Aufklärer Moses Mendelssohn herausgegebenen und kommentierten Bibelübersetzung zu verhindern, weil er die unterstützende Wirkung dieses Projekts für eine Reform des Judentums voraussah. Seine Versuche, dem Religionsgesetz im Leben der konfessionellen Gemeinschaft uneingeschränkt Geltung zu verschaffen, blieben jedoch ohne Erfolg, zumal ihm die dänische Obrigkeit Beschränkungen beim Gebrauch religiöser Rechtsmittel auferlegte und auf diese Weise seine Autorität weiter schwächte. 1799 trat K. von seinen Gemeindefunktionen zurück, lebte aber als Privatmann weiterhin in Altona. Pläne, nach Jerusalem auszuwandern, konnte er infolge der Kriegswirren in Europa nicht mehr in die Tat umsetzen. K. war der Großvater mütterlicherseits von Gabriel Riesser.

Andreas Brämer