Emigration

(siehe auch: Auswanderung) Zwischen 1933 und 1941 emigrierten ca. 10.-12.000 Juden aus Hamburg. Die Flucht vollzog sich im Wesentlichen in drei Phasen: einer ersten Phase, die unmittelbar nach der Machtübernahme einsetzte, einer zweiten, die nach der Verabschiedung der Nürnberger Gesetze folgte, und einer dritten Phase, die durch die Pogromnacht ( Novemberpogrom) ausgelöst wurde.

1933/1934: Palästina wurde in den beiden ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft zum wichtigsten Zufluchtsland für Hamburger Juden. Annähernd jeder Zweite, der Hamburg in der ersten Auswanderungsphase verließ, emigrierte nach Palästina. Es waren fast ausschließlich Zionisten und jüngere Leute, die sich nach der Machtübernahme zur Auswanderung nach Palästina entschlossen. Unter den Auswanderern war der Anteil von Akademikern und insbesondere von Ärzten auffallend hoch.

1935-1937: Am 15. September 1935 wurden das »Reichsbürgergesetz«, das die Juden zu Staatsangehörigen ohne politische Rechte degradierte, und das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« verabschiedet. Mehrere Gesetze betrafen diejenigen, die sich mit Plänen zur Auswanderung beschäftigten, z. B. das im Februar 1935 erlassene Gesetz über die Devisenbewirtschaftung ( »Arisierung«). Um zu verhindern, dass Auswanderer ihr Vermögen unter Umgehung der devisenrechtlichen Vorschriften ins Ausland brachten, wurde die Devisengesetzgebung erheblich verschärft. Während sich die Flüchtlinge der ersten Phase zumeist sehr schnell und spontan zur Auswanderung entschlossen hatten, konnten sich diejenigen, die ihre Auswanderung zu einem späteren Zeitpunkt betrieben, in der Regel besser vorbereiten. Ausschlaggebend dafür, in welchem Land man Zuflucht suchen würde, waren wie auch schon in der ersten Phase verwandtschaftliche und/oder geschäftliche Beziehungen.

1938/1939: Der Verfolgungsdruck auf die jüdische Bevölkerung spitzte sich 1938 und insbesondere nach der Pogromnacht dramatisch zu. Am 26. April 1938 erging die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden. Die Mitnahme von Umzugsgut wurde durch einen Erlass vom 13. Mai 1938 streng reglementiert und unter die Kontrolle der Zollämter gestellt. Im Oktober 1938 erging die Verordnung über die Reisepässe von Juden. Sie wurden eingezogen und erst nach der Abstempelung mit einem »J« wieder ausgegeben. Nach der Pogromnacht erzwangen weitere Verordnungen die endgültige Schließung aller jüdischen Geschäfte und Handwerksbetriebe und die Ablieferung von Schmuckstücken und Wertgegenständen an dafür eigens eingerichtete, öffentliche Ankaufstellen. Nach der Pogromnacht war die »Judenvermögensabgabe« als »Sühneleistung« erhoben worden. Jeder Haushalt mit einem Vermögen von über 5.000 RM musste 20 Prozent an den Staat entrichten. Der forcierte Prozess der Entrechtung führte zu einem erheblichen Anstieg der Auswandererzahlen. Es emigrierten 1938 annähernd so viele Juden aus Hamburg wie in den fünf Jahren zuvor. Die Pogromnacht jedoch wurde zum Auslöser der Massenauswanderung.

Dem größten Teil der Hamburger Emigranten gelang die Flucht in die USA; Großbritannien und Palästina waren die nächstwichtigen Länder. Zu den Flüchtlingen gehörten auch ca. 1.000 Hamburger Kinder, die zwischen Dezember 1938 und dem Beginn des Krieges im September 1939 mit den sog. Kindertransporten nach Großbritannien gelangten. Am 23. Oktober 1941 wurde die Auswanderung verboten.

Hauptzielländer jüdischer Auswanderer aus Hamburg


Land Zahl der Auswanderer in %
1 USA 27,1
2 Großbritannien 15,8
3 Palästina 13,2
  Länder 1-3 56,1
 
4 Niederlande 8,5
5 Shanghai/China 3,2
6 Argentinien 3,1
7 Brasilien 2,7
8 Südafrika 2,4
9 Belgien 2,4
10 Schweden 1,9
11 Australien 1,9
12 Frankreich 1,8
 
  Länder 1-12 84,0
  Sonstige Länder 16,0
  Insgesamt 100

Jahr der Auswanderung


Jahr Zahl der Auswanderer in %
1933 5,4
1934 3,8
1935 3,6
1936 6,0
1937 6,6
1933-1937 25,4
1938 24,4
1939 42,1
1938/1939 66,5
1940 5,0
1941 3,0
1942 0,1
1940-1942 8,1
 
Insgesamt 100
Sybille Baumbach