Goldschmidt, Berthold
Komponist und Dirigent, geb. 18.1.1903 Hamburg, gest. 17.10.1996 London
G.s Eltern stammten aus einer angesehenen jüdischen Kaufmannsfamilie, die um 1900 ein Haus in der Steinstraße mit Verkaufs- und Wohnräumen besaß – dies war G.s Geburtshaus. Obgleich nicht streng religiös erzogen, feierte G. seine Bar-Mizwa im Januar 1916 in der großen → Bornplatz-Synagoge (50). Nach dem Abitur in der Oberrealschule St. Georg studierte G. Komposition und Dirigieren in Berlin. Die Uraufführung seiner Oper Der gewaltige Hahnrei in Mannheim 1932 war ein großer Erfolg, die zweite für Berlin annoncierte Einstudierung wurde durch den Machtantritt der Nazis vereitelt. Nach einem Verhör bei der Gestapo floh G. 1935 über die Schweiz nach England (→ Emigration). Das dort gleich nach der Ankunft komponierte 2. Streichquartett drückt die Erleichterung über die gelungene Flucht sowie die Sorge um die in Deutschland verbliebenen Verwandten aus. G., der als Komponist im englischen Exil nicht Fuß fassen konnte, wäre auch nach dem Krieg unbekannt geblieben, hätte nicht der Dirigent Simon Rattle 1987 in Berlin die Ciaccona sinfonica in einem Festkonzert bei Anwesenheit des Komponisten aufgeführt. Der sich sofort einstellende Erfolg sowie Einladungen durch die Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein ermutigten G., wieder zu komponieren. Es entstand ein beachtliches Alterswerk, in dem autobiographische Hinweise dominant sind. G., der sich als Atheist verstand, bekannte sich stets zum Judentum: »Ich habe nie aus meinem Judentum einen Hehl gemacht, ich habe auch nie meinen Namen gewechselt, den Namen meiner Väter, die seit mehr als 100 Jahren oder viel länger vielleicht in Hamburg ansässig waren […]. Ich habe ihn auch nicht anglisiert. Ich bin so wie ich bin, ein Jude geboren und geblieben, und nicht fanatisch geworden, nach keiner Richtung hin.«