Costa, Uriel da

Kaufmann und Häretiker, geb. 1583/1584 Porto, gest. April 1640 Amsterdam

C. wurde als Kind eines (alt)katholischen Vaters und einer judaisierenden Mutter geboren. Vom Katholizismus enttäuscht, wandte er sich der jüdischen Religion zu. 1614 ließ er sich zunächst in Amsterdam nieder, wo er sich offen zum Judentum bekannte. Zwischen 1615 und 1616 hielt er sich mehrfach in Venedig und Hamburg auf, um mehr über die jüdische Tradition zu erfahren. In Amsterdam, Hamburg und in der Neuen Welt betätigte sich die Familie erfolgreich im Zuckerhandel. Vielleicht bedingt durch die engen Geschäftskontakte zu seinem in Hamburg lebenden Bruder Miguel Esteves de Pina (alias Mordechai Israel da Costa) ließ sich C. vor 1616 mit seiner Mutter, seinem Bruder Jácome (alias Abraham), seiner Frau Francisca de Crasto und seiner Schwägerin Iuana Esteves de Pina für längere Zeit in Hamburg nieder. Hier verfasste er 1616 den polemischen Traktat Überlegungen zur Tradition (Propostas contra a tradição), in dem er die Unterschiede zwischen der schriftlichen und der mündlichen Lehre festhielt, denn statt der ursprünglichen Religion der Bibel fand er eine Religion voll unwichtiger Vorschriften und Regeln. Er kam zum Schluss, dass weder die jüdische noch die christliche Religion ewige Wahrheiten besäßen, sie seien lediglich Glaubensüberzeugungen, Meinungen und Vorschriften, die sich aus menschlichen Bedürfnissen und sich wandelnden Umständen entwickelt hätten und daher wesentlich Menschenwerk seien. Im August 1618 sprachen die Gemeinden von Venedig und Hamburg den Bann über ihn aus. 1622 verfasste C. in Hamburg den Traktat von der Sterblichkeit der Seele (Sobre a mortalidade da alma do homem) und wenig später 1624 seine Schrift Prüfung der pharisäischen Tradition (Examen das tradições farisaicas), in dem er wiederum seine Kritik an der mündlichen Lehre formulierte und überdies die Unsterblichkeit der Seele leugnete. Bereits im Mai 1623 war C. von der Amsterdamer Portugiesengemeinde erneut mit dem Bann belegt worden. Nach Jahren des Elends und der Isolation widerrief er schließlich öffentlich seine Thesen von der Sterblichkeit der Seele. Nach einem entwürdigenden Züchtigungsritual schrieb er 1640 seine Autobiographie Beispiel eines menschlichen Lebens (Exemplar humane vitae), bevor er entmutigt und gebrochen Selbstmord beging.

Michael Studemund-Halévy