Jüdischer Religionsverband Hamburg
Am 1. Januar 1938 schlossen sich die → Deutsch-Israelitische Gemeinde in Hamburg, die → Hochdeutsche Israelitengemeinde zu Altona, die Jüdische Gemeinde in → Wandsbek und die Synagogen-Gemeinde → Harburg-Wilhelmsburg zum J. zusammen.
Den Anlass gab die Ausdehnung des hamburgischen Staatsgebiets durch das Groß-Hamburg-Gesetz vom Januar 1937. Die Vorarbeiten für die Zusammenlegung der vier jüdischen Gemeinden leistete der zweite Vorsitzende der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg → Leo Lippmann. Von der Notwendigkeit des Zusammenschlusses überzeugt, weil eine einheitliche Interessenvertretung der Juden im Gebiet der Hansestadt Hamburg geboten schien und eine vereinigte Gemeindeverwaltung Kosten ersparte, führte er die Verhandlungen im Oktober 1937 zum Abschluss. Damit war es gelungen, der befürchteten Zwangsvereinigung zu staatlich angeordneten Bedingungen zuvorzukommen. Aufgrund der von Lippmann ausgearbeiteten Verträge galt die Verfassung der Deutsch-Israelitischen Gemeinde für die neue Gesamtgemeinde. Der Name der alten Hamburger Gemeinde sollte ursprünglich übertragen werden, doch wurde der neue Verband gezwungen, die Bezeichnung J. anzunehmen, weil die Worte »deutsch«, »israelitisch« und »Gemeinde« aufgrund ministerieller Anordnung im Namen einer jüdischen Institution nicht vorkommen durften. Zunächst schien die Existenz einer demokratisch verfassten und relativ autonomen jüdischen Gemeinde in Hamburg gesichert zu sein, doch vollzog sich ihre Entrechtung dann in schnellen Schritten. Aufgrund des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der jüdischen Kultusvereinigungen vom März 1938 verlor der J. den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts und musste sich als Verein konstituieren. Nach dem → Novemberpogrom 1938 hatte die Gestapo → Max Plaut mit der eigenverantwortlichen Geschäftsführung des J. beauftragt und zum Vorstand aller jüdischen Organisationen ernannt. Plaut war der Gestapo als »Aufsichtsbehörde« gegenüber verantwortlich. Gleichzeitig wurde Plauts Handlungsspielraum durch Vorgaben und Kontrollen der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland eingeengt, die ihrerseits unter Gestapo-Aufsicht stand. Somit verfiel der J. zu einer rechtlosen Gemeindeorganisation, in der allein der Kultus noch Freiraum bot. Seit Mai 1941 mussten die dafür erforderlichen Ausgaben durch Spenden der Mitglieder aufgebracht werden. Im August 1942 wurde der J. in die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland eingegliedert und Ende November 1942 aus dem Vereinsregister gelöscht. Seine Funktionen übernahm die von Plaut geleitete Bezirksstelle Nordwestdeutschland der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland.