Berendsohn, Walter Arthur
Germanist, geb. 10.9.1884 Hamburg, gest. 30.1.1984 Stockholm
Nach kurzer Tätigkeit als Kaufmann studierte B. ab 1905 Klassische Philologie und Germanistik in Berlin, Freiburg, München und Kiel, wo er 1911 promoviert wurde. 1914 zum »Wissenschaftlichen Hilfsarbeiter« am Deutschen Seminar in Hamburg ernannt, verbrachte er die folgenden vier Jahre an der Westfront, wo er als Offizier mehrfach verwundet und ausgezeichnet wurde. 1920 habilitierte er sich an der neuen Hamburgischen Universität für »Germanische Philologie, skandinavische und deutsche Literaturgeschichte« und erhielt 1926 den Status eines »Titularprofessors«. Neben seiner universitären Tätigkeit engagierte sich B. in der Volks- und Jugendbildung und versuchte, seit 1926 Mitglied der SPD, der Bedrohung der Republik auch politisch zu begegnen. Als Jude und Marxist (überdies noch Freimaurer) konnte B. 1933 keine Rücksicht erwarten. So wurde er, obwohl »Frontkämpfer«, im Sommer 1933 entlassen, 1936 ausgebürgert und seines Doktortitels beraubt. Noch im Juli 1933 ging B. nach Dänemark ins Exil, wo er sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlug. Nach der deutschen Besetzung untergetaucht, gelang ihm Ende 1943 die Flucht nach Schweden, wo er als Archivarbeiter am Nobelinstitut der Schwedischen Akademie ein karges Einkommen erhielt. 1948 lehnte er einen Ruf nach Rostock ab, von 1952 bis 1971 hatte er einen Lehrauftrag für Deutsche Literatur an der Stockholmer Universität. Dort gründete er 1966 eine Forschungsstelle für die deutsche Exilliteratur. B. erfuhr zahlreiche Ehrungen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz (1964) und Ehrenpromotionen durch die Universitäten Stockholm (1974) sowie Hamburg (1982). Letztere war auch eine späte Entschuldigung für die beschämende Haltung, welche die Hamburger Philosophische Fakultät gegenüber ihrem verjagten Mitglied bis Ende der fünfziger Jahre eingenommen hatte. Als Ausweis ihrer grundlegend geänderten Einstellung benannte die Universität Hamburg ihre 1971 gegründete »Hamburger Arbeitsstelle für deutsche Exilliteratur« im Jahre 2000 in »Walter-A.-Berendsohn-Forschungsstelle für deutsche Exilliteratur« um.