Spitzer, Samuel

Rabbiner, geb. 4.1.1872 Balassa-Gyarmat (Ungarn), gest. 29.5.1934 Hamburg

S. erhielt eine traditionelle ostjüdische Erziehung und erwarb seit seinem 14. Lebensjahr profunde rabbinische Kenntnisse an den Talmudhochschulen in Preßburg, Pápa (Ungarn) und Frankfurt a. M. An den Universitäten von Heidelberg und Würzburg absolvierte er ein philosophisches Studium, das er 1896 mit einer Promotion über den russischen Logiker Afrikan Spir abschloss. Im Jahr 1900 wurde er Rabbiner in Halacz (Schlesien), 1909 Rabbiner in Miskolc (Ungarn). Im gleichen Jahr berief ihn der Hamburger Synagogenverband zu seinem Oberrabbiner auf Lebenszeit. In diesem Amt, das er von 1910 bis zu seinem Tod fast ein Vierteljahrhundert ausübte, war er zugleich der erste Oberrabbiner, der auch von der sefardischen Gemeinde ( Portugiesisch-Jüdische Gemeinde) anerkannt wurde, nachdem diese 1910 dem Synagogenverband beigetreten war. S. stand im Ruf großer rabbinischer Gelehrsamkeit, doch seine autoritative Rabbinatsführung führte zu mancherlei Auseinandersetzungen. Er galt als eigensinnig und unnachgiebig und knüpfte nur mühsam Kontakte, sodass er nur geringe Popularität genoss. Seine Zeitgenossen achteten seinen unbestechlichen Wahrheitssinn, seine tiefe Frömmigkeit und sein umfassendes talmudisches Wissen. Seine halachischen Vorträge galten als Meisterwerke und vermochten auch seine Gegner in ihren Bann zu ziehen. S. schloss sich der orthodoxen Vereinigung Agudas Jisroel an und übernahm sowohl in deren Landesorganisation, in der er lange den Vorsitz führte, als auch in der Hamburger Gemeinde Aufgaben in der religiösen Jugenderziehung.

Katrin Nele Jansen