Henle, Moritz
Kantor, geb. 7.8.1850 Laupheim, gest. 24.8.1925 Hamburg
H. tat sich schon früh mit seinem musikalischen Talent hervor, das seine Eltern nach Kräften zu fördern suchten. Infolge ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse konnte er jedoch sein mit zwölf Jahren begonnenes Studium am Stuttgarter Konservatorium nicht abschließen. Stattdessen war er gezwungen, eine Ausbildung als Lehrer und Vorsänger am evangelischen Seminar in Esslingen zu absolvieren. Seit 1868 zunächst im Dienst seiner Heimatgemeinde stehend, wechselte H. fünf Jahre später als Kantor an die neu erbaute Synagoge nach Ulm, wo er auch Gelegenheit hatte, sein Studium am Konservatorium wieder aufzunehmen. Im Jahre 1876 legte er die zweite staatliche Lehramtsprüfung und 1877 die zweite Vorsänger-Prüfung ab. Zwischenzeitlich wurden auch andere jüdische Gemeinden Deutschlands auf das außergewöhnliche Gesangstalent aufmerksam. Anfang 1879 berief der Israelitische → Tempelverein, dessen Rabbiner Max Sänger selbst aus Laupheim stammte, den jungen Kantor mit der schönen Baritonstimme in die Freie und Hansestadt. Schon während seiner zehn Jahre in Laupheim und Ulm hatte H. durch Kompositionen von Chorliteratur auf sich aufmerksam gemacht. In Hamburg traf er nicht nur seine spätere Ehefrau Caroline Franziska, geb. Herschel, sondern fand auch den seinen Fähigkeiten angemessenen Wirkungsrahmen. Die schöpferischen 34 Jahre, die er als Oberkantor am Reformtempel wirkte, zeigen H.s Kreativität und Produktivität auf sehr verschiedenen Gebieten. Neben Kompositionen gab er auch ein Gesangbuch heraus (1883), entwickelte das gemischte Chorwesen der Hamburger Reform-Gemeinde, gestaltete als Vorsänger den Gottesdienst, betätigte sich als Musikschriftsteller, bildete Sänger und Kantoren aus und war schließlich über 15 Jahre Vorsitzender des deutschen Kantorenverbandes.