Mussaphia, Binjamin

(auch: Dionys Mussaphia), Mediziner und Schriftsteller, geb. ca. 1600/1606 Spanien, gest. 11.12.1674 Amsterdam

Mitglieder der wohl aus Spanien stammenden Familie M. erlangten im 17. und 18. Jahrhundert einflussreiche Stellungen in Hamburg und am gottorfschen Hof. Nach dem Studium der Medizin in Padua, das er 1625 mit der Promotion abschloss, ließ sich M. in Hamburg nieder. Seit 1635 war der Arzt, polyglotte Schriftsteller, Lexikologe, Avisenschreiber und Alchimist für den gottorfschen Hof tätig. Als bedeutendes Handels- und Wirtschaftszentrum bot ihm Hamburg viele Möglichkeiten, wertvolle Nachrichten an den Hof zu liefern. Seine religionskritischen Schriften erregten immer wieder Aufsehen. Nach der Veröffentlichung des Werkes Sacro-Medicae sententiae toto V[etere] T[estamento], das die Lutheraner als blasphemisch einschätzten, musste M. die Hansestadt für einige Wochen verlassen. M. hatte in seiner Schrift biblische Passagen zusammengetragen, die sich auf medizinische Angelegenheiten bezogen, was in den Augen der Lutheraner eine unstatthafte Vermischung von Medizin und Theologie darstellte. Ferner kritisierten sie, dass M. seinen Ausführungen ein jüdisches Gebet vorangestellt und die jungfräuliche Geburt Jesu geleugnet hatte. M.s Schrift forderte nicht nur die Hamburger Lutheraner zu einer umfangreichen Protestschrift an den Rat heraus, sondern veranlasste den Geistlichen Johannes Müller auch, sich in dem Buch Judaismus seinerseits kritisch mit den Juden zu befassen. Im Juli 1640 musste M. aufgrund einer Beschwerde der Geistlichkeit Hamburg endgültig verlassen. Von Glückstadt begab er sich nach Amsterdam, wo er Mitglied des Rabbinatskollegiums, zeitweiliger Vorsteher der Portugiesengemeinde und verschiedener Gemeindeinstitutionen wurde.

Michael Studemund-Halévy