Wolf, Gebrüder
Sänger und Schauspieler.
Die Geschichte der Gebrüder W. begann im Jahre 1895, als der 28-jährige Rummelplatzsänger Ludwig Isaac (1867-1955) seine beiden jüngeren Brüder Leopold (1869-1926) und James (1870-1943) überzeugte, mit ihm als Trio aufzutreten. In der Tradition der humoristischen Herren-Sänger-Gesellschaften machten sich die drei Brüder Isaac als W.-Trio schnell einen Namen. Innerhalb kurzer Zeit wurden sie mit ihren ebenso witzigen wie provokanten Kostümauftritten weit über die Grenzen Hamburgs bekannt. Leichte Unterhaltungskunst, gemischt mit parodistischen Couplets, witzigen Plaudereien und kurzen szenischen Burlesken waren ihr Erfolgskonzept. Tourneen durch die skandinavischen Länder, durch Holland, Österreich, Ungarn und die Schweiz sorgten zudem für internationale Popularität. Ludwig, der kreative Kopf der drei Brüder, war zudem Mitgründer der internationalen Artistenloge, die sich um die sozialen Belange der darstellenden Künstler bemühte. Als der jüngste Bruder James das Trio nach elfjähriger Zusammenarbeit verließ, arbeiteten Ludwig und Leopold unter dem Namen Gebrüder W. weiter. 1911 entwickelten die beiden die Figuren Fietje und Tetje. Sie traten in der Arbeitskleidung Hamburger Schauermänner auf, präsentierten dazu plattdeutsche Lieder und jede Menge »uhlenspegeligen Schabernack«. Noch im gleichen Jahr feierten sie mit ihrem neuen Konzept sensationelle Erfolge. In ihrer Ausstattungsrevue Rund um die Alster begeisterten sie das Publikum mit Gassenhauern wie Snuten und Poten, Dat Paddelboot – Hannes, zuckersüßer Hannes sowie Mariechen, Du süßes Viehchen. Häufig gastierten sie auch in Berlin sowie in fast allen größeren Städten Deutschlands. Hamburgs berühmtestes Volkslied An die Eck steiht´n Jung mit´n Tüdelband ist auch auf Ludwig W. zurückzuführen. Die zweite Strophe des Liedes stammt aus einem Couplet der Gebrüder W. mit dem Titel Een echt Hamborger Jung, das Ludwig W. 1911 schrieb. 1924 gelang es Ludwig und Leopold, das Operettenhaus zu erwerben. Im selben Jahr veranlasste der stärker werdende → Antisemitismus die beiden dazu, ihren Familiennamen Isaac gegen den Künstlernamen W. zu vertauschen. 1926 erlag Leopold einem Herzanfall, doch trat sein Sohn James Iwan (1893-1981) an seine Stelle. Seit 1933 begrenzten die Berufsverbote die Auftrittsmöglichkeiten des Duos auf den → Jüdischen Kulturbund oder die jüdische Künstlergruppe. Im November 1938 (→ Novemberpogrom) wurde der mittlerweile 45-jährige James Iwan W. in das KZ Sachsenhausen gebracht, das er nach einem Monat verließ. Entschlossen zur Flucht aus Deutschland (→ Emigration), gelangte er 1939 gemeinsam mit einem jüngeren Bruder Donat (1902-1984) nach Shanghai. 1947 emigrierten sie nach New York, wo sie noch einige Zeit gemeinsam auftraten, bis Donat einen Neuanfang in San Francisco versuchte und James nach San Diego zog. Ludwig überlebte die Verfolgungen, weil er in zweiter Ehe mit einer nichtjüdischen Deutschen verheiratet war. Der Jüngste des ehemaligen W. Trios, James, wurde 1942 mit seiner Frau nach Theresienstadt deportiert (→ Deportation), wo beide 1943/4 umkamen.