Abas, Semuel de Isaac

Gelehrter, Schriftsteller und Gemeindefunktionär, geb. nach 1634 Hamburg, Glückstadt oder Amsterdam, gest. 23.11.1691 Hamburg

A. stammte aus einer bekannten, in Nordeuropa ansässigen und Anfang des 17. Jahrhunderts vom deutschen Kaiser geadelten portugiesischen Kaufmannsfamilie, deren Name ursprünglich Diaz Jorge lautete. Nach einem Studium der Theologie in Amsterdam kehrte A. vor 1660 nach Hamburg zurück, wo er wiederholt in hohe Gemeindeämter der Portugiesengemeinde Bet Israel gewählt wurde. 1666 beauftragte ihn seine Gemeinde, nach Konstantinopel zu reisen, um dort dem selbst ernannten Messias Sabbatai Zwi die »schuldige Huldigung darzubringen«. Aus ungeklärten Gründen fand diese Reise jedoch nicht statt. A.s große Gelehrsamkeit sowie seine bedeutende Bibliothek mit zahlreichen Werken zur Konvertitenproblematik zogen zahlreiche christliche Theologen an. In Hamburg übersetzte A. das populäre Buch der Herzenspflichten von Bahya Ibn Paquda ins Portugiesische, um die »Frömmigkeit unter den portugiesischen Juden zu festigen«. Die Übersetzung, die erstmals 1670 gedruckt wurde, fand große Anerkennung bei den Amsterdamer und Hamburger Rabbinern. 1665 übertrug er die antichristliche Abhandlung Keset Ieonatan (1600) des holländischen Konvertiten Jonathan Guer alias Jan Richen aus Hoorn aus dem Holländischen ins Portugiesische. Nach seinem Tode erschien 1693 der Auktionskatalog seiner berühmten Bibliothek: Catalogus Variorum atque Insignium in quavis Facultate & Lingua, Librorum. Dieses umfangreiche Verzeichnis enthält 1.136 Titel in hebräischer, lateinischer, spanischer, portugiesischer, französischer, holländischer und deutscher Sprache. Auffällig sind besonders die vielen medizinischen Bücher sowie die große Anzahl von Büchern weltlicher Literatur (Romane, Gedichte, Theaterstücke).

Michael Studemund-Halévy