Haas, Willy
Journalist, geb. 7.6.1891 Prag, gest. 4.9.1973 Hamburg
H. widmete sein Leben der Literatur – »als Betrachter und Analytiker […], als Gestalter nur im entfernteren Sinn, niemals als Dichter«, fasste der Sohn eines jüdischen Anwalts einmal selbst zusammen. Als »Mann des Films« und Brückenbauer zwischen Religionen, Nationen und politischen Anschauungen möchte man ergänzen. Schon als Schüler in Prag hatte H. im Café »Arco« eine Gruppe junger Literaten (z. B. Franz Werfel, Paul Kornfeld) um sich geschart und lernte über Max Brod auch Franz Kafka kennen. Als Mitglied einer jüdischen Studentenvereinigung gab er 1911/12 die Herder-Blätter heraus, die zwischen deutschsprachiger und tschechischer Literatur, zwischen Juden und Christen vermitteln wollten. Es folgte ein kurzes Lektorat bei Kurt Wolff in Leipzig. Nach dem Ersten Weltkrieg kam H. um 1920 nach Berlin. Dort wurde er Kritiker beim Film-Kurier, Drehbuchautor und ab 1925 Herausgeber der Literarischen Welt. Das Blatt bot allen literarischen Strömungen ein Forum und hatte allein die »Scheidung des geistig Diskutablen« zur Maxime erhoben. Angriffe der Nationalsozialisten zwangen ihn 1933 zu einer Rückkehr nach Prag, wo er eine neue literarische Zeitschrift gründete. Doch die Welt im Wort konnte sich nicht etablieren. Danach schlug er sich als Filmkritiker durch. 1939 floh er nach Indien. Anfangs arbeitete er als Filmautor, dann als Zensor in einem Gefangenenlager der britisch-indischen Armee. Über London kam er 1948 nach Hamburg. Zunächst als britischer Controller, ab 1953 als Redakteur der Welt am Sonntag und der Welt wollte er helfen, »die Einheit des deutschen Schrifttums« wiederherzustellen. Bekannt war er den Lesern der Welt auch durch seine wöchentliche Caliban-Kolumne. Zudem schrieb er bei beiden Blättern bis zu seinem Tod über kulturelle und literarische Themen und publizierte zahlreiche, einschlägige Bücher.