Judenbörse
Mit dem Wort »J.« wurde seit dem 18. Jahrhundert ein täglicher Markt unter freiem Himmel in der Hamburger → Neustadt bezeichnet.
Hier waren 1775 Straßen benannt worden, in denen Juden Wohnrecht und ein eingeschränktes Recht auf Hauseigentum hatten. Der Straßenmarkt fand in der Elbstraße, heute Neanderstraße, und den parallelen und kreuzenden Nebenstraßen (mit Ausnahme des Neuen Steinwegs) statt. Bis zur 1864 eingeführten Gewerbefreiheit waren jüdische Händler den Bedingungen der mittelalterlichen Realgewerberechte unterworfen. Diese verboten ihnen Ladengeschäfte mit Auslagen und Werbeschildern und den Handel mit den Waren, die allein den Mitgliedern der Handels- und Handwerkerzünfte vorbehalten waren. Der von Juden betriebene Einzelhandel beschränkte sich daher bei Neuwaren auf Produkte von nicht zunftgebundenen Handwerkern oder Manufakturen, großenteils Importwaren. Daneben wurden Gebrauchtwaren, hauptsächlich Kleidung, Möbel und Bücher verkauft. Während andere jüdische Straßenhändler mit wechselnden Standorten oder als Hausierer arbeiteten, hatten die Händler auf der J. feste Standplätze meist in der Nähe ihrer Wohnungen. Karren und Tische dienten zur Auslage. Literarische Beschreibungen und Bilder des Marktes erschienen seit 1800, so in der graphischen Serie von Christoffer Suhr Der Ausruf in Hamburg (1806). In der jüdischen Literatur beginnt die Nennung der »Jüddenbörsch« 1842 in einem jiddischen Gedicht. Der traditionsreiche Markt wurde 1925 durch Polizeiverordnung wegen des zunehmenden Autoverkehrs geschlossen.